Wie kann ich erfolgreich erreichen, dass meine Mitarbeiter verantwortungsvoll ihre Aufgaben erledigen? Wie gehe ich mit Konflikten um, wie gestalte ich die Arbeitsprozesse in meinem Verantwortungsbereich?
Viele solcher Fragen tauchen auf, wenn man sich mit dem Thema Leadership und Führung beschäftigt und immer wieder kommen Führungskräfte und stellen diese Fragen. Ganz klar, es gibt eine Reihe von Führungsstilen, zu denen in bestimmten Situationen geraten werden kann. Oder von denen man abrät, weil sie nicht mehr aktuell sind. Das verleitet dazu, Führung als etwas modellhaftes und statisches zu sehen. Das ist sie aber keineswegs. Sie ist ein Prozess – und das hat zur Folge, dass genau diese Fragen immer und immer wieder neu angeschaut werden müssen.
Die oben genannten Fragen sind alles „Wie“-Fragen und scheinen nach Lösungen zu suchen. Wer diese Fragen so an jemanden stellt, wird in der Regel Antworten bekommen. Meistens sind diese Antworten die persönlichen Erfahrungen und Lösungsvorschläge der Person, die gefragt wird. Diese Lösungen sind jedoch so unterschiedlich wie die Führungskräfte, die diese Fragen stellen. Dazu machen wir ein kleines Gedankenexperiment:
Nehmen wir an, Sie sind eine Führungskraft, die sehr großen Wert auf Prinzipien und auf Strukturen legt. Ihnen wird in der Erledigung der von Ihnen delegierten Aufgaben genau dieses wichtig sein. Sie müssen demnach diese Werte oder Motivationen an die Mitarbeiter weitergeben. Fraglich ist nur: Ist ihnen ihre eigene Motivation dazu bewusst?
Ihr Verhalten wird nämlich durch ihre inneren (intrinsischen) Motivationen maßgeblich beeinflusst. Häufig kennen wir jedoch die Ausprägung und die Bedeutung dieser Motive überhaupt nicht, da wir uns in der Regel nicht mit ihnen auseinandersetzen. Tools wie die motivStrukturanalyse MSA(r) oder die MotivationsPotenzialAnalyse MPA(r) helfen hier sehr schnell und gut weiter zu einem ersten Selbstverständnis.
Doch was kommt dann? Wissen Sie, wie ihre Mitarbeiter motiviert sind? Stellen Sie sich nun vor, ihr Mitarbeiter ist sehr zweckorientiert und pragmatisch, sowie kreativ und – in Ihren Augen – chaotisch. Natürlich, sie haben ihn vielleicht ausgewählt, weil Sie bei sich selbst festgestellt haben, dass ihnen jene Kreativität fehlt. Was wir häufig nicht wissen, ist, dass diese Kreativität scheinbar ein intrinsisches Grundmotiv ist, welches uns so zu eigen ist, dass, wenn wir den Mitarbeiter bitten, sich nun anders zu verhalten, z.B. die Ideen ordentlicher und strukturierter abzuliefern und bitteschön auch noch die Unternehmenswerte hoch zu halten, dass dann dieser merkt, wie seine Motivation zur Mitarbeit sinkt. Aus eigener Erfahrung konnte ich so feststellen, dass meine Loyalität zu einem Unternehmen rapide sank: durch die Veränderung meiner Arbeitssituation und das damit verbundene Nicht-Bedienen eines für mich wesentlichen Motives. Damals habe ich von intrinsischer Motivation noch keine Ahnung gehabt. Hätte ich damals meine Motivstrukturen gekannt, ich hätte sehr viel präziser beschreiben können, was eine für beide Parteien erfolgreiche Lösung gewesen wäre.
Die große Herausforderung heutzutage in der Führung wird immer stärker darin bestehen, dem Mitarbeiter in seiner ureigensten Motivstruktur zu begegnen und ihn über seine eigene Motivation zu Bestleistungen zu führen. Dazu bedarf es jedoch Gesprächsräumen, in denen nicht die Führungskraft mit aller ihr zugeteilten Macht, ihre Lösungswege durchdrückt, sondern in denen gemeinsam neue Lösungswege gefunden werden können. Und es bedarf einer Sprache über jene intrinsische Motivation, die wir so anwenden können, dass es zum Dialog kommt.
Gerade in den Fällen, in denen die Motivationen entgegengesetzt ausgeprägt sind, entstehen die größten Konflikte und Herausforderungen. Die Polaritäten darin scheinen oft unüberwindlich – weil sie unseren Denkgewohnheiten wiedersprechen. Es gibt jedoch einen kleinen und einfachen Weg, diese Polaritäten zu überwinden: Mit Fragen.
Wenn Sie als Führungskraft neugierig auf die anderen Sichtweisen ihrer Mitarbeiter sind, wenn sie sich wirklich für die entgegengesetzten Motivationen begeistern, dann kann es zu Dialogen kommen, in denen Sie und ihre Mitarbeiter an einer individuellen und gemeinsamen Lösung des Problems arbeiten. Sie werden daraus wesentliche Neuigkeiten für ihre Unternehmensentwicklung ziehen können und werden merken, wie sich die Motivation steigert. Unser Problem als Führungskräfte besteht jedoch darin, dass wir davon ausgehen, Führungskräfte dürften nicht fragen, sondern sollten die Antworten geben, nach denen sie gefragt werden.
Stellen Sie sich nun einmal vor, sie wären ihr Mitarbeiter und wollten von Ihnen etwas wissen: Beispielsweise, welche Inhalte für den Bericht für den Kunden X wichtig sind. Der Mitarbeiter fragt vielleicht „Was soll ich in den Bericht für den Kunden X schreiben?“. Überlegen Sie nun, was könnte sich hinter dieser Frage alles noch verbergen?
Wie viel aus der Vergangenheit spielt für diese Frage einer Rolle? Was will der Mitarbeiter selbst damit erreichen? Welche Details, welcher Überblick sind wichtig? Welche Länge oder Kürze soll der Bericht haben? Soll er vergleichbar sein mit einem Bericht für einen anderen Kunden oder individuell? …
Alleine dieses Beispiel zeigt, wie schnell man mit einer einfach dahin geworfenen Antwort neben der Fragestellung des Mitarbeiters liegt – und sollte uns ermutigen, bevor wir zu irgendeiner Antwort ansetzen, den Mitarbeiter genauer zu befragen. Probieren Sie es mal aus. Ich bin gespannt auf ihre Erfahrungen!