Beide Worte wiegen schwer. Sie lassen uns assoziieren, dass es Täter gibt. Und gleichzeitig auch etwes, was falsch gemacht wurde, also auch etwas Richtiges gibt.
In manch einer beruflichen Situation als auch im Privaten, erleben wir allzu häufig Schuldzuweisungen. Dann heisst es:
Ich war nicht verantwortlich, dass war doch der Andere.
Diese Verantwortung ist in der Regel nicht hinreichend geklärt. Aus dem Projektmanagement kennen wir das magische Dreieck, manchmal auch als Bermuda-Dreieck des Projektmanagements genannt. Hier gilt es, alle Aufgaben hinsichtlich Time, Cost and Quality zu überdenken und sicher zu stellen, dass die Prozessschritte alle drei Ebenen im Gleichgewicht halten.
Hat denn der Mitarbeiter oder Kollege seine Verantwortung von Beginn an verstanden?
Zur Übernahme von Verantwortung gehören 6 wesentliche Faktoren:
– die Freiwilligkeit der Übernahme – ohne ein eigenständiges Wollen, muss ein erhöhter Aufwand an Ausführungskontrolle geschaffen werden.
– die Entscheidungsfreiheit – ohne sie, kann der verantwortliche keinen Einfluss auf die Aufgabe übernehmen.
– die Konsequenzenkenntnis – wenn auch nicht zu 100% bekannt, so doch enorm wichtig, um Entscheidungen abzuwägen und eine Entscheidungskompetenz zu erlangen.
– gewachsene und gelernte Fähigkeiten – als soziale Kompetenzen und Fachkompetenzen in Bezug auf den Auftrag und
– die Zielvorgaben, nicht nur aus den Anweisungen des Auftraggebers, sondern auch bestimmt durch die Unternehmenskultur, das gesellschaftliche Umfeld, rechtliche Vorgaben etc.
– die Unteilbarkeit der Verantwortung. Aufgaben lassen sich teilen, Verantwortungen nicht. Es ist immer ein einzelner Mensch, der Verantwortung übernimmt.
Alle 6 Erfolgsfaktoren für die Verantwortung lassen sich während des Übergabeprozesses von beiden Seiten anschauen: Welche Entscheidungen trifft der Mitarbeiter, welche ich als Vorgesetzter? Welche Konsequenzen sehe ich, welche der Andere? Welche Ziele sehe ich, welche der Andere? …
Wenn man im Übergabe-Prozess diese Fragen stellt, entsteht oft eine deutlich klarere Vorstellung von dem, was tatsächlich die Verantwortung ist. Der Mitarbeiter kann zum EIGNER seiner Aufgabe werden.
Ähnlich wie im magischen Dreieck, könnte man auch schwerpunktmäßig nach einer größeren Inhalts-Verantwortung, Prozess-Verantwortung oder Beziehungsverantwortung sprechen.
Ein Dokument-Manager trägt die Verantwortung, Berichte aus verschiedenen Abteilungen zusammen zu fassen, um sie für die Steuerungskommission aufzubereiten. Die Inhalte dieser Berichte müssen von den jeweiligen Abteilungen bereitgestellt werden. Im Rahmen eines Workshops wurde hier zwischen der Ingeniers-Abteilung und dem Dokument-Manager ein Kommunikationsproblem festgestellt. Es gab die Absprache aller Teammitglieder, dass Probleme im Team gelöst werden.
Der Dokument-Manager schilderte, dass er mehrmals per Mail, Telefonat und persönlichem Besuch am Schreibtisch des Ingenieurs versucht habe, die Berichtsdaten zu bekommen. Es wurden ihm diesbezüglich Zusagen gemacht, jedoch nicht eingehalten.
Hier entsteht der Vorwurf: Der Ingenieur ist schuld an dem unvollständigen Bericht, da er die Daten nicht liefert.
Auf die Frage, ob der Dokument-Manager seine Verantwortung wahrgenommen habe, antworten alle Teammitglieder einstimmig mit „Ja“. Wer hat nun die Verantwortung? Der Dokument-Manager schlägt vor, diese dem Ingenieur zu übergben. Dieser nimmt die Aufgabe an und sagt: „Ich würde die Verantwortung sehr gerne übernehmen, aber ich bin nicht derjenige, der entscheidet, welches meiner drei Projekte, die ich betreue, priorisiert wird.
Damit wird fraglich: Wo liegt die Verantwortung nun? Gerade wenn es innerhalb dieses Teams heißt, dass Probleme im Team gelöst werden?
Der Ingenieur zeigt deutlich: Ich kann und darf nicht entscheiden.
Bevor es zu einer Teamentscheidung kommt, fragten wir die beiden betroffenen, ob sie einen Lösungsvorschlag hätten. Der war promt formuliert: Wenn nach 2 Anfragen per Mail und Zusage zu einem bestimmten Termin kein Ergebnis vorliegt, soll der Dokument-Manager die höhere Hierarchieebene einschalten.
Gleichzeitig wird vieles in der Struktur deutlich: Obwohl der Ingenieur Inhalts-Verantwortung trägt, kann er aufgrund der ihm fehlenden Prozessverantwortung hinsichtlich der Entscheidung, welches Projekt vorgezogen wird, nicht handeln. Die Verantwortlichkeit für das Gesamtproblem liegt in höheren Hierarchieebenen.
Gelingt es in Organisationen solche Transparenz für Verantwortung zu schaffen, werden Schuld-, Opfer- und Täterzuweisungen abnehmen. Gleichzeitig erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Strukturen sich den Aufgaben optimal anpassen, ebenso wie den Fähigkeiten der handelnden Personen.
Hier finden Sie das zugrunde liegende ErIch-Modell ausführlicher erklärt. Delegation von Verantwortung mit dem ErIch-Modell