Leadership und die Besonderheit des Know Why

Ich arbeite in vielen verschiedenen Projekten als Berater, Trainer und Coach. Die Bandbreite reicht vom Bauernhof über Schul- und Kindergärten bis hin zu städtischen Verwaltungen oder auch Weltkonzernen. In meinen Trainings zum Thema Führung und Verantwortung, sowie in den Trainings zum Thema Marketing und Marketingpsychologie, treffe ich viele Führungskräfte und Menschen, die über die stressige Situation klagen. Nicht von Ungefähr steigt das Bedürfnis nach Work-Life-Balance und viele Manager werfen in den Projekten das Handtuch und steigen aus oder um.

In einem besonderen Arbeitskreis – eher ein Laboratorium für Zukunftsfragen in der Führung – saßen vor ein paar Tagen mehrere Berater und Manager zusammen. Sie hatten gemeinsam die Frage, wie Wirtschaft neu zu denken sei, damit der Ausstieg aus Systemen überflüssig wird.

Bei den Beiträgen der Teilnehmenden wurde deutlich, dass alle diejenigen, die jetzt in Beratungspositionen sind, vorher in Systemen gearbeitet hatten, die sie einengten und die eine solche Work-Life-Misbalance aufbauten, dass sie sich entschieden, das jeweilige Unternehmen zu verlassen. Bei ihren Schilderungen wurde deutlich, dass alles, was mit dem Menschen als Person zu tun hatte, mit dem Thema Mitgefühl, dem intuitiven Mitdenken, oft als Ballast und die Leistungsfähigkeit als Flucht vor diesem Mitgefühl erlebt wurde. Gleichzeitig jedoch wurde Mitgefühl erwartet, dies durfte jedoch nicht ausgesprochen werden.

Wir tauschten uns aus, über die Notwendigkeiten, das Know-How, wie es wohl gehen könne, diese Situationen zu verändern. Die anregenden Gespräche und die Offenheit der Teilnehmenden sorgten für einen spannenden Nachmittag.

Dann kamen nach ein paar Tagen die ersten Rückmeldungen per Email. Unter anderem auch die Frage nach dem Know-Why? Der waren wir nur bedingt gefolgt und immer wieder haben wir den Erfahrungen gelauscht und gleich in möglichen Wegen gedacht.

Wie ist aber nun dieses Know-Why zu verstehen?

Wenn wir im Deutschen fragen: Warum? Dann hat diese Frage stets zwei Richtungen: Sie kann nach dem Grund, dem Ursprung und damit der Vergangenheit fragen, oder sie kann Fragen nach der Vision, den Möglichkeiten und der Zukunft. Häufig fragen wir dann schon eher WoZU? Das Warum in unserer Sprache ist ungenau und lässt verschiedene Interpretationsmöglichkeiten offen. Kinder nerven ihre Eltern mit Warum-Fragen und sie bringen die Eltern oft an den Rand der Verzweiflung, wenn keine Antworten mehr möglich sind. Auch verstehen Kinder dieses Warum-Fragen eher als ein Spiel. Doch was wollen sie eigentlich wissen?

Wir können nun überlegen, ob nicht das Know-Why eher nach einer Analyse fragt (das wäre der vergangenheitsbezogene Weg) oder nach einer Vision (das wäre der Zukunftsbezogene Weg). Fragen wir in die Zukunft, treffen wir alsbald auf die Herausforderungen, die sich uns stellen, wenn wir unsere Visionen in die Tat umsetzen wollen. Fragen wir nach der Vergangenheit, müssen wir gewahr werden, dass sich hinter den allgemeinen Fakten oft persönliche Wertvorstellungen, Vor-Urteile und Meinungen verbergen, die das Know-Why maßgeblich beeinflussen.

Kehren wir zurück zu den Kindern, mit ihren Warum-Fragen. Wenn wir ihnen antworten auf dem Vergangenheitsweg, dann könnten wir ihnen vieles beibringen, was wir bereits gelernt haben. Und wir werden feststellen, dass sie immer und immer weiterfragen, bis wir vielleicht merken, dass diese Vergangenheit unendlich groß ist und wir verstört nicht mehr weiter wissen. Antworten wir hingegen in die Zukunft, so werden wir auch nach kurzer Zeit ermüden, weil die Zukunft nicht ohne die Vergangenheit verstehbar wird. Erst ein Gespräch, welches sich entfalten kann zwischen vergangener Erfahrung und zukünftiger Vision wird einigermaßen befriedigende Ergebnisse bringen. Dieses Pendeln zwischen Vergangenheit und Zukunft kann also der eigentliche Hintergrund des Why sein: Wer bin ich? Wohin geht meine Reise? Woher komme ich?

Weil wir aber uns in unserer Beantwortung auf unsere Antworten konzentrieren und nicht darauf, was genau sich hinter der Warum-Frage unseres Gegenübers für eine Bewegung abzeichnet, empfinden wir Gespräche mit Warum-Fragen oft als ermüdend.

Das Geheimnis des Know-Why liegt jedoch gerade in der undifferenzierten Zeitbeziehung. Es fragt viel mehr nach den versteckten Gefühlen und Motiven als wir vermuten, berührt uns in unserer Verbindung zur Welt und kann uns deswegen uneingeschränkt motivieren oder demotivieren.

Das Know-Why ist stets ein persönliches, das mit der Welt ringt. Und Kinder sind vielleicht auf der Suche nach dieser Persönlichkeit, die dann zum Vorschein kommt, wenn wir genervt, humorvoll, argumentativ oder mit vielen anderen weiteren Charakterarten schließlich den Dialog abbrechen.

In diesem Sinne wünsche ich viele neue Erfahrungen mit dem Know-Why und den Warum-Fragen ihrer Kinder.

 

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